Warum schrumpft das Gehirn bei Schwangeren besonders schnell?
- Thorsten Siem
- 18. Sept. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Das menschliche Gehirn schrumpft mit zunehmendem Alter im Durchschnitt um etwa 0,2 bis 0,5 % pro Jahr nach dem 30. Lebensjahr. Dieser Prozess beschleunigt sich jedoch ab dem 60. Lebensjahr auf bis zu 0,5 bis 1 % pro Jahr, abhängig von verschiedenen Faktoren wie Lebensstil, Genetik und Gesundheitszustand.
Insbesondere der Hippocampus, der für das Gedächtnis und das Lernen verantwortlich ist, zeigt eine stärkere Schrumpfung, insbesondere im Alter, wobei Studien eine jährliche Volumenreduktion von etwa 1 bis 2 % bei älteren Erwachsenen zeigen, insbesondere bei Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen oder einem Risiko für Alzheimer.
Diese Zahlen können variieren, basierend auf individuellen Faktoren wie Ernährung, körperlicher Aktivität und geistiger Stimulation. *1)

Eine Schwangerschaft bringt tiefgreifende hormonelle und physiologische Veränderungen mit sich, die auch das Gehirn betreffen und auch eine Gehirnschrumpfung, vor allem des Hippocampus, beschleunigen. Die Föten werden natürlich durch Nährstoffe, die über die Mutter kommen, genährt. Sorgt die Mutter nicht für eine optimalen Nährstoffversorgung, wird bei der Mutter "Raubbau" betrieben. Das führt zu verschiedenen Auswirkungen.
Das Gehirn bei Schwangeren: Die bemerkenswerte Studie aus dem Jahr 2016, veröffentlicht in der Zeitschrift Nature Neuroscience *1), zeigte, dass bei Frauen während der Schwangerschaft bestimmte Regionen des Gehirns, darunter der Hippocampus, schrumpfen. Dieser Effekt hängt wahrscheinlich mit den intensiven hormonellen Umstellungen und der Anpassung des Gehirns an die Mutterschaft zusammen.
Das Gehirn bei Schwangeren, Hauptpunkte der Forschung:
Hormonelle Einflüsse: Die Schwangerschaft ist durch einen signifikanten Anstieg der Sexualhormone wie Östrogen und Progesteron gekennzeichnet, was nachweislich strukturelle Veränderungen im Gehirn verursacht. Diese hormonellen Anpassungen könnten mit der Vorbereitung auf die Mutterschaft in Verbindung stehen, da sie Bereiche betreffen, die mit sozialem Verhalten, Empathie und emotionaler Bindung zusammenhängen.
Volumenveränderungen im Gehirn: Studien haben gezeigt, dass das Volumen von Hirnarealen, die für die sozialen Interaktionen und die Bindung zwischen Mutter und Kind wichtig sind, während der Schwangerschaft abnimmt. Interessanterweise kehrt sich dieser Effekt nach der Geburt nur teilweise oder allmählich um, wobei bestimmte Veränderungen auch langfristig bestehen bleiben können.
Gedächtnisveränderungen: Viele Frauen berichten während der Schwangerschaft von einer Art „Schwangerschaftsdemenz“ oder „Baby-Brain“, was eine vorübergehende Verschlechterung des Kurzzeitgedächtnisses und der kognitiven Funktionen beschreibt. Dieser Zustand könnte mit den strukturellen Veränderungen im Hippocampus zusammenhängen, obwohl er typischerweise nach der Geburt wieder verschwindet.
Langfristige Auswirkungen: Obwohl es zunächst wie ein Schrumpfen aussieht, wird vermutet, dass diese Veränderungen das Gehirn langfristig an die Anforderungen der Mutterschaft anpassen, insbesondere in Bezug auf die Bindung und Fürsorge für das Kind.
Die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren, insbesondere DHA (Docosahexaensäure), während der Schwangerschaft hat positive Effekte auf die Gehirnstruktur. DHA ist ein Hauptbestandteil der neuronalen Membranen und spielt eine wichtige Rolle bei der neuronalen Entwicklung und der Erhaltung der Gehirnfunktion.
Forschungen zeigen, dass eine erhöhte Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren während der Schwangerschaft den altersbedingten Schrumpfungsprozessen im Gehirn, einschließlich des Hippocampus, entgegenwirken kann. Zum Beispiel wurde festgestellt, dass eine erhöhte Zufuhr von DHA mit einem größeren Hippocampus-Volumen verbunden ist, was besonders für kognitive Funktionen wie Gedächtnis wichtig ist. Diese Schutzwirkungen könnten auch bei Frauen mit genetischen Risikofaktoren für neurodegenerative Erkrankungen von Bedeutung sein. *2)
Zusätzlich deuten Untersuchungen darauf hin, dass eine niedrige Omega-3-Zufuhr während der Schwangerschaft die Hirnentwicklung des Kindes negativ beeinflussen kann, was zeigt, wie wichtig eine ausreichende Versorgung sowohl für das mütterliche Gehirn als auch für das des Kindes ist. *3)
Insgesamt belegen diese Studien die neuroprotektiven Eigenschaften von Omega-3-Fettsäuren, was sie zu einer wertvollen Ergänzung während der Schwangerschaft macht.
Der Hippocampus ist der Teil des Gehirns, der im Laufe des Lebens schrumpft. Dies geschieht besonders im Alterungsprozess. Der Hippocampus spielt eine zentrale Rolle bei der Gedächtnisbildung und beim Lernen. Die Gründe für das Schrumpfen des Hippocampus und anderer Hirnregionen sind vielfältig:
Alterungsprozesse: Mit dem Alter sterben Gehirnzellen natürlicherweise ab, und das Volumen des Gehirns nimmt ab. Dies betrifft auch den Hippocampus.
Chronischer Stress: Anhaltend hoher Cortisolspiegel, das Hormon, das bei Stress ausgeschüttet wird, kann den Hippocampus schädigen und zu einer Verringerung seiner Größe führen.
Entzündungen: Chronische Entzündungen im Körper können auch neurodegenerative Prozesse fördern, die zu einem Schrumpfen des Gehirns führen.
Reduzierte Neurogenese: Im Hippocampus werden auch im Erwachsenenalter neue Nervenzellen gebildet (Neurogenese). Diese Fähigkeit nimmt mit dem Alter ab, was zur Schrumpfung beiträgt.
Schlechte Durchblutung: Im Alter kann die Durchblutung des Gehirns abnehmen, was ebenfalls die Hirnstruktur beeinflusst.
Das Schrumpfen des Hippocampus ist ein zentraler Aspekt bei Erkrankungen wie Alzheimer und anderen Demenzformen. Ein gesunder Lebensstil, der körperliche Aktivität, eine ausgewogene Ernährung und mentale Stimulation einschließt, kann helfen, den altersbedingten Abbau des Hippocampus zu verlangsamen.
Studien: *1) https://www.nature.com/articles/d41586-024-02447-w
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